Idee

Die grundlegende Idee, die zur Entwicklung der Scheffler-Spiegel führte, war es, das solare Kochen so bequem wie möglich zu gestalten. Gleichzeitig sollte das Gerät so gebaut sein, daß es in jeder ländlichen Schweißwerkstatt in südlichen Ländern nach einer gewissen Ausbildungsphase hergestellt werden kann. Es müssen vor Ort erhältliche Materialen genügen. 


Zur Technik

Um das Kochen einfach und bequem zu gestalten sollte die Kochstelle ortsfest sein, am besten im Haus selbst. Der konzentrierende Spiegel befindet sich in der Sonne, vor dem Haus.

Die beste Lösung dazu war die eines exzentrischen, verbiegbaren Parabolspiegels, der um eine Achse parallel zur Erdachse synchron mit der Sonne dreht. Durch Verbiegen wird er auf mechanisch einfache Weise auf die Jahreszeiten eingestellt.


Wie funktioniert das?

Der Spiegel ist ein kleiner, seitlicher Ausschnitt eines wesentlich größeren, runden Paraboloids. Durch die schräge Schnittführung entsteht dabei die typische elliptische Kontur des Scheffler-Reflektors. Das von diesem Ausschnitt des Paraboloids reflektierte Licht fällt von der Seite auf den ein Stück weit entfernten Brennpunkt.

Die Achse für die tageszeitliche Nachführung liegt in Nord-Süd Richtung parallel zur Erdachse und läuft durch den Schwerpunkt des Reflektors.

So ist er immer im Gleichgewicht und das mechanische Uhrwerk muß nur mit einer geringen Kraft angetrieben werden um ihn synchron mit der Sonne zu drehen.

Damit sich der Brennpunkt dabei nicht bewegt liegt er auf der Rotationachse. Der Abstand zwischen Brennpunkt und Reflektormitte hängt von der gewählten Ausgangsparabel ab.

Das konzentrierte Licht wird so während des Tagesverlaufs nur um sein eigenes Zentrum rotieren, sich aber in keiner Richtung seitlich bewegen. Der Brennpunkt bleibt also fixiert, was natürlich praktisch ist, da der Kochtopf nun auch nicht bewegt werden muß.

scheffler02Im Verlauf der Jahreszeiten ändert sich der Einfallswinkel der Sonnenstrahlung um + / - 23,5° in Bezug auf die Senkrechte zur Erdachse. Um den gleichen Winkel muß nun auch das gesamte Paraboloid gekippt werden, da es immer auf die Sonne ausgerichtet bleiben muß. Sonst ergibt sich kein scharfer Brennpunkt. Die Mitte des Reflektors und die Lage des Brennpunkts sollen sich aber auf keinen Fall bewegen.

Dies ist nur zu bewerkstelligen, wenn dem Reflektor für jeden jahreszeitlichen Sonnenwinkel, d.h. für jeden Tag des Jahres, eine andere Parabel zugrunde liegt. Der Spiegel muss also seine Form verändern.

Der Spiegelrahmen des Schefflerspiegels wird für die Tag- und Nachtgleiche gebaut. Durch Kippen und elastische Verformung des Spiegelrahmens können dann alle anderen Parabeln ausreichend genau eingestellt werden.

Kippen und Verformen sind dabei sinnvollerweise aneinander gekoppelt: die zwei äußeren Drehpunkte A, seitlich am Reflektorrahmen, und Drehpunkts B, in der Mitte des Reflektors, liegen nicht in einer Linie, sondern B liegt unterhalb. Beim Kippen verändert sich dadurch die Tiefe des Reflektors, seine Mitte wird in Bezug auf den Rahmen angehoben (großer Krümmungsradius der Querstreben) bzw. abgesenkt (kleiner Krümmungsradius). Es reicht aus das obere und untere Ende des Reflektors (C und D) in die richtige Position zu bringen um für alle Jahreszeiten eine genügend genaue Spiegelform zu erhalten. Dazu ist an den Reflektor-Enden je eine Teleskopstange befestigt.

scheffler03Die Einstellung der Reflektorform erfolgt manuell alle 2-3 Tage und ist dann richtig, wenn alles konzentrierte Licht durch die Öffnung der im Brennpunkt aufgestellten Kochstelle fällt. Nach dem Passieren der Öffnung wird das Licht dann mit einem zweiten kleinen Reflektor (Sekundär-Reflektor) auf den schwarzen Boden des Kochtopfs gelenkt. Dort wird es absorbiert und in Hitze umgewandelt. Der Wirkungsgrad beim Kochen, d.h. Wasser wird von 25°C auf 100°C erhitzt, kann bis zu 57 % betragen, und ist abhängig von der Sauberkeit der Reflektoroberflächen sowie vom Grad der Wärmeisolierung des Kochtopfs. Im Fokus selbst haben wir optische Wirkungsgrade von bis zu 75% gemessen (bei 2mm dicken Normalglasspiegeln). Je nach Jahreszeit sammelt ein elliptischer 2,8m x 3.8m großer Reflektor (Standardgröße der sog. 8m² Schefflerreflektoren) das Sonnenlicht von ein er 4,3m² bis 6,4m² großen Fläche, gemessen senkrecht zur Einfallsrichtung (Apertur), ein. Damit ändert sich auch die Kochleistung im Verlauf der Jahreszeiten etwas. Im Mittel können mit einem 8m² Reflektor 22 Liter kaltes Wasser in einer Stunde zum Kochen gebracht werden (bei 700W/m² Einstrahlung). Bei der Gestaltung der Kochstelle gibt es viele Variationsmöglichkeiten, meist ist sie in ein Küchenhaus integriert und es besteht die Möglichkeit mit Holz zu kochen wenn die Sonne nicht scheint. Je nach Kochgut kann auf einen Sekundär-Reflektor verzichtet werden, dies erhöht den Wirkungsgrad und vereinfacht die Wartung.

Statt einer Kochstelle kann auch z.B. ein Backofen, ein Dampferzeuger oder ein Wärmespeicher im Brennpunkt errichtet werden.


Verbreitung

Der erste gut funktionstüchtige Scheffler-Reflektor (Größe: 1,1m x 1,5m) wurde 1986 in einer Missionsstation in Nordkenya von Wolfgang Scheffler gebaut und ist dort immer noch in Gebrauch.

Die Technologie wurde seither kontinuierlich von ihm weiterentwickelt und auch an viele engagierte Leute weitergegeben. So nimmt die Zahl der gebauten und installierten Reflektoren von Jahr zu Jahr zu. Der Schwerpunkt lag lange bei den 8m² oder 10m² Reflektoren für Großküchen. Es ist sehr schwierig, genau zu sagen wie viele Reflektoren existieren, da kein zentrales Register geführt wird und viele Werkstätten unabhängig von einander arbeiten. 2004 gab es ca.750 Reflektoren in 21 Ländern, das entsprach ca. 200 Großküchen, darunter bereits 12 mit Dampf arbeitende Grossanlagen mit 10 bis zu 106 Reflektoren in einer Installation. So kann z.B. in der grössten Solarküche der Welt in Abu Road, Rajastan ( Indien ) für bis zu 18000 Besucher eines Yoga – Zentrums solar gekocht werden. Inzwischen, 2006 dürfte die Zahl der weltweit installierten Reflektoren bei ca. 950 liegen.


Lokale Produktion

Während der gesamten, mittlerweile 23 jährigen Entwicklungszeit der Schefflerreflektoren wurde immer sehr darauf geachtet, dass überall erhältliche Materialien und Bautechniken zum Einsatz kommen. Der Entwickler, Wolfgang Scheffler, hat deswegen auch einen grossen Teil der Entwicklung vor Ort in Kenya und in Indien durchgeführt, dabei die lokal üblichen Metallbearbeitungstechniken gelernt und gemeinsam mit den ortsansässigen Schweissern und Mechanikern eine Reihe von ersten Solarküchen gebaut und an interessierten Schulen installiert.

Die gesamte Konstruktion der Reflektoren ( mit Ausnahme der Spiegeloberfläche ) besteht aus Stahl, wobei Profile verwendet werden, die sonst für den Bau von Möbeln ( Tische, Stühle ), Wasserleitungen sowie Häusern verwendet werden. Diese sind überall relativ günstig zu bekommen.

Als reflektierende Spiegelfläche können verschiedene Materialien verwendet werden, überall erhältlich sind z.B. silberbelegte Glasspiegel, wie sie auch als Badezimmerspiegel zur Verwendung kommen.

Der Einsatz von günstigen Materialien, einfachen Werkzeugen und unkomplizierten Arbeitsverfahren in Kombination mit einem Endprodukt, das "high tech" Qualitäten aufweist, ermöglicht es interessierten Gruppen mit nur wenig Kapitaleinsatz selbst etwas auf die Beine zu Stellen was ihnen nachhaltig nützt.

Ein gutes Beispiel ist hier der Bau der lange Zeit grössten Solarküche der Welt in Abu Road, Rajastan, durch die Brahma Kumaris. Durch den hohen Anteil an Eigenleistungen konnte diese Anlage, die mit ca. 800 m² Spiegelfläche für immerhin 18000 Personen kochen kann, für nur umgerechnet 100000,- Euro realisiert werden ( Komplette Anlage inclusive Back Up-Dampferzeuger , ohne Kücheneinrichtung, die bereits vorhanden war ). Das sind 125 ,- Euro /m² oder 5,5 Euro/ Person.

Pro Tag werden bis zu 400 lt. Diesel durch Sonnenenergie ersetzt. Zur Zeit sind bei den Brahma Kumaris bereits 6 derartige Anlagen ( nicht alle so gross ) in Betrieb, eine weitere in Bau.

Die überall lokal verfügbare Sonne soll auch lokal zu einer Wertschöpfung beitragen, und lokal eine Verbesserung des Lebensstandards der Beteiligten ermöglichen. Die Verfügbarkeit von Energie ist eine Grundvoraussetzung von Entwicklung. Und auch Basis für wirtschaftliche Tätigkeiten.


Solarökonomie

Beispiel für eine beginnende Solarökonomie in Burkina Faso ist hier die Erhitzung von Karite-Nüssen in lokal hergestellten Sonnenkochkisten als einer der Prozesschritte in der Herstellung von Karite Butter.

Bisher werden die Nüsse auf einer Eisenplatte über einem Holzfeuer erhitzt, dabei ist die Erhitzung sehr ungleichmässig und teilweise verkohlen die Schalen.

In einer Sonnenkochkiste ( hier wird die Sonnenenergie ohne einen konzentrierenden Reflektor umgesetzt ) ist die Erwärmung hingegen sehr sanft und gleichmässig und die Schalen vekohlen daher nicht. Es ergibt sich ein doppelter Nutzen : Brennholz wird eingespart und die Produktqualität steigt. Mit den Einsparungen und höheren Erlösen finanziert sich die Sonnenkochkiste.


Weiterentwicklungen

Die 2m² Schefflerreflektoren sind inzwischen für den Gebrauch in Europa (besonders fürs südliche Europa geeignet) ausgereift. Es wurde ein Design aus Aluminium entwickelt, die Spiegelfläche besteht aus Klarglas und die tageszeitliche Nachführung erfolgt automatisch mit einer Photovoltaiksteuerung.

In Indien entstand in Zusammenarbeit mit einem indischen Ingenieur ein 50m² Schefflerreflektor, der nun getestet wird um Energie für Crematorien zu liefern.

Außerdem werden die Schefflerreflektoren in Varianten von 2,7m², 10m² und 12m² ( letzterer mit einer verlängerten Brennweite, damit es weniger Schattenprobleme mit einem existierenden Küchenhaus gibt ) gebaut.

Bei einem größeren Energiebedarf und räumlicher Trennung von Küche und Reflektoren kann von den Reflektoren Dampf erzeugt werden, der in die Küche geleitet wird. Die größte Anlage dieser Art kocht in Indien in einem Yoga-Zentrum für maximal 18000 Personen. Der Dampf dient hier auch als Speichermedium (2 Stunden volle Last ohne Sonne möglich). Für kleinere Systeme werden Speicher aus einem gut isolierten, soliden Eisenblock der im Brennpunkt auf ca 400°C erhitzt wird verwendet. Für 8m² oder 10m² Reflektoren eignet sich ein 300kg Eisenspeicher, für 2m² Reflektoren 50kg. Die Energie kann hier auch über Nacht ( und beim 300 kg Eisenblock sogar über mehrere Tage ) gespeichert werden.
Inzwischen werden auch Krankenhäuser mit Solardampf versorgt, z.B. für die Sterilisationsöfen (Autoklaven). Grosse Hospitäler können hierfür die gleiche Technologie verwenden wie die grossen Solar(-Dampf-)Küchen. Für kleine ländliche Krankenhäuser wurde ein Eisenspeicher entwickelt, der bei Bedarf Dampf erzeugt. Seit 2006 werden auch 16m² Reflektoren in Indien hergestellt, sie werden vermehrt für Prozesswärme in der Industrie eingesetzt.


Erfahrungen

Solarkocher werden dann gerne benutzt wenn sie praktisch sind, genug Energie liefern und die Leute ihre bisherigen Gewohnheiten nicht allzu stark ändern müssen. Der SchefflerReflektor gibt durch seine Integration ins Haus einen Komfort, der einem Gasherd ähnelt (angenehme Kochhöhe, kein Rauch, + Zeit oder Kostenersparnis für Brennstoffbeschaffung). Schwachpunkt war bisher die tageszeitliche Nachführung des Reflektors mit einem mechanischen Uhrwerk Die Teile für solche Uhrwerke sind weltweit erhältlich und nicht teuer. Wenn die Mechanik aber ausfällt sind die Köchinnen oft überfordert und auch nicht bereit den Reflektor von Zeit zu Zeit mit der Hand nachzustellen. Sie gehen dann wieder zum gewohnten Holzfeuer über. Eine gute Lösung ist hier ein Wartungsdienst, den es aber wegen der großen Distanzen noch nicht überall gibt. Sehr zuverlässig und wartungsarm ist die PV-Nachführung, aber (außer für Indien) in den jeweiligen Ländern nicht verfügbar.


Langfristiger Betrieb

Seit 1987 wurden weltweit, zunächst ganz langsam, dann mit steigender Frequenz, etwa 200 kleinere Solarküchen mit 1 bis 3 8m² oder 10m² Scheffler-Reflektoren gebaut, hauptsächlich zur Versorgung von Internatsschulen in abgelegenen Gebieten. Die tatsächliche Nutzung der Solarküche hängt von den verschiedensten lokalen Bedingungen sowie den beteiligten Personen und Institutionen ab, und die Skala reicht von enthusiastisch an jedem Sonnentag , mit Speicher auch schon frühmorgens vor Sonnenaufgang, über „ab und zu“ bis gar nicht. Am besten sind die Ergebnisse in Indien, bei Kontrollbesuchen ist etwa die Hälfte der Anlagen in Betrieb.

Dies gilt für die weit verstreuten kleineren Anlagen mit 1 – 3 Reflektoren.

Ganz anders ist das Bild bei den Großanlagen für dampfbetriebene Solarküchen, speziell bei den Brahma Kumaris. Die Anlagen sind ( außer während der Monsunzeit ) immer in Betrieb und gut gewartet, alle technische Probleme werden von den Betreibern, teilweise nach Rücksprache, selbst gelöst. Es wird so gekocht dass die Sonnenenergie maximal genutzt werden kann. Die Anlagen sind Vorzeigeobjekte für die viele Besucher der Yoga-Zentren. 1998 ging die erste grosse Dampfküche für 1000 Personen in Betrieb. Inzwischen sind viele mehr entstanden, unter anderem wurde für Indiens größten Temple, den Tirupati Temple in Andra Pradesh 105 Reflektoren installiert.

Die positiven Erfahrungen mit den grossen, dampfbetriebenen Solarküchen haben dazu geführt, dass die Reflektoren nun auch zur Versorgung für Krankenhäuser und Industriebetriebe eingesetzt werden.


Einige Daten zum 8m² bzw 10m² Scheffler-Reflektor

Maximal im Brennpunkt erreichte Temperatur: 1020°C
Maximaler optischer Wirkungsgrad (bei Bestückung mit Klarglasspiegeln/Normalglasspiegeln): 84% bzw.75%
Durchschnittliche Kochleistung übers Jahr bei 700W/m² Einstrahlung und Normalglasspiegel (8m² Reflector): 2,2kW
(1,7kW im Sommer und 2,5kW im Winter)

Maximale Anzahl von Töpfen pro Reflektor: 3
Anzahl von Reflektoren der bisher größten Küche: 106
Größte Anzahl der versorgten Personen: 18000
Materialkosten eines Reflektors in Indien: ca. 550,-Euro
Gesamtzahl bereits installierter Reflektoren (2004) weltweit ( ca. ): 750
Verwendete Materialien: Stahlprofile, Glasspiegel


Internet-Adressen zu den Scheffler-Reflektoren


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